Was bedeutet zumutbare Arbeit beim RAV?

Was zählt als zumutbare Arbeit beim RAV? Erfahren Sie hier, welche Jobs Sie annehmen müssen, was abgelehnt werden darf – und wie Sie souverän reagieren.

Wer beim RAV angemeldet ist und Arbeitslosengeld bezieht, muss aktiv mitarbeiten – das bedeutet unter anderem: sich auch auf sogenannte „zumutbare Arbeiten“ zu bewerben. Doch was genau ist zumutbar? Und was dürfen Sie ablehnen? Diese Frage stellt sich vielen Arbeitssuchenden – insbesondere dann, wenn der Vorschlag vom RAV nicht ideal zum eigenen Profil passt. In diesem Beitrag zeigen wir, was das Gesetz sagt, wie Sie mit solchen Situationen umgehen und wie Sie dabei klar und professionell bleiben.

Was ist „zumutbare Arbeit“?

Zumutbare Arbeit ist jede Stelle, die Sie aus Sicht der Arbeitslosenversicherung theoretisch annehmen können, ohne dass Ihre Gesundheit, Ihre Existenz oder Ihre familiären Pflichten darunter leiden.

Dabei geht es nicht nur darum, ob Ihnen der Job gefällt oder ob er zu 100 % Ihrem Wunschprofil entspricht. Vielmehr beurteilt das RAV die Frage der Zumutbarkeit nach objektiven Kriterien. Und genau diese Kriterien sind wichtig zu kennen – denn wer eine zumutbare Stelle ablehnt, riskiert Einstelltage.

Die wichtigsten Kriterien für Zumutbarkeit

Die rechtlichen Grundlagen für zumutbare Arbeit finden sich im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG). Folgende Punkte werden dabei berücksichtigt:

1. Gesundheitliche Eignung:

Sie müssen körperlich und psychisch in der Lage sein, die Tätigkeit auszuüben. Wer z. B. Rückenschmerzen hat, kann eine schwere körperliche Arbeit ablehnen – mit ärztlichem Nachweis.

2. Berufliche Qualifikation:

Auch Arbeiten außerhalb Ihres erlernten Berufs können zumutbar sein – besonders, wenn Sie länger arbeitslos sind oder Ihre ursprüngliche Branche wenig Chancen bietet.

3. Arbeitsweg:

Ein täglicher Arbeitsweg von bis zu 90 Minuten pro Strecke gilt in der Regel als zumutbar – mit öffentlichen Verkehrsmitteln gerechnet.

4. Arbeitszeit:

Auch unregelmäßige Arbeitszeiten, Schichtarbeit oder Teilzeit können zumutbar sein – es sei denn, Sie haben nachvollziehbare Betreuungspflichten oder gesundheitliche Einschränkungen.

5. Lohnhöhe:

Ein tieferes Gehalt ist nicht automatisch unzumutbar. Der Lohn muss allerdings branchenüblich und nicht sittenwidrig sein – also nicht deutlich unter dem, was für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt wird.

6. Sozialer Status:

Ein Job darf auch dann zumutbar sein, wenn er unter Ihrer früheren beruflichen Stellung liegt. Der soziale Abstieg ist in diesem Zusammenhang kein Ablehnungsgrund.

Was ist 

nicht

 zumutbar?

Nicht jede Arbeit muss angenommen werden. Das RAV berücksichtigt auch Ihre individuelle Situation. Unzumutbar sind z. B.:

  • Tätigkeiten, die Ihre Gesundheit gefährden
  • Arbeitsorte, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar sind
  • Stellen mit extrem niedriger Entlöhnung (deutlich unter Mindestlohn oder GAV)
  • Arbeitseinsätze, die mit rechtlich geschützten Betreuungspflichten kollidieren
  • Wiederholte, gleiche Vorschläge bei bereits erfolglosem Bewerbungsversuch

Wichtig ist, dass Sie solche Gründe belegen oder glaubhaft erklären können – z. B. mit einem Arztzeugnis oder einer schriftlichen Absage der Kita.

Wie sollten Sie reagieren, wenn eine Stelle nicht passt?

Sie haben zwei Möglichkeiten: Bewerben oder begründet ablehnen.

Wenn die Stelle grundsätzlich möglich ist, empfehlen wir: bewerben Sie sich – vielleicht überrascht Sie das Gespräch positiv. Falls Sie sich nicht bewerben möchten, sollten Sie unbedingt:

  • dem RAV eine kurze schriftliche Begründung senden
  • sachlich, ehrlich und lösungsorientiert argumentieren
  • keine emotionalen Urteile („der Job ist unter meinem Niveau“) formulieren

Beispiel: „Die Arbeitszeiten überschneiden sich mit der Schulbetreuung meiner Kinder, für die derzeit keine Alternativlösung besteht.“

Muss ich auch befristete oder temporäre Jobs annehmen?

Ja – auch kurzfristige oder temporäre Anstellungen können zumutbar sein. Zwar ist die Dauer der Stelle nicht entscheidend, aber je nach Situation kann ein Zwischenverdienst sogar finanziell und beruflich lohnend sein.

Viele temporäre Jobs bieten neue Kontakte, aktuelle Berufserfahrung und nicht selten auch eine Übernahme in ein festes Anstellungsverhältnis.

Wie lange darf ich auf eine „passende Stelle“ warten?

Das RAV erwartet grundsätzlich, dass Sie sofort vermittelbar sind – auch außerhalb Ihres Wunschberufs. Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto weiter wird das Zumutbarkeitskriterium gefasst. Nach mehreren Monaten ohne Fortschritt wird das RAV Ihnen häufiger alternative Vorschläge machen.

Das bedeutet nicht, dass Sie Ihren Beruf aufgeben müssen – aber Flexibilität wird im Verlauf erwartet.

Was passiert, wenn ich eine zumutbare Stelle ablehne?

Wenn Sie eine als zumutbar eingestufte Stelle ohne triftigen Grund ablehnen, kann die Arbeitslosenkasse Einstelltage verhängen. Das bedeutet: Sie erhalten für eine bestimmte Anzahl Tage keine Zahlung. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes.

Um das zu vermeiden, lohnt sich immer ein Gespräch mit dem RAV – bevor Sie ablehnen.

Fazit

Zumutbare Arbeit bedeutet nicht, jeden beliebigen Job anzunehmen – aber es bedeutet, offen und flexibel zu bleiben. Wer bereit ist, Neues auszuprobieren, zeigt Engagement – und das wird auch vom RAV anerkannt.

Wenn Sie Zweifel haben, sprechen Sie mit Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater. Oft gibt es Lösungen oder Zwischenwege. Mit realistischen Erwartungen, guter Kommunikation und einem offenen Blick auf den Arbeitsmarkt vermeiden Sie Sanktionen – und erhöhen Ihre Chancen auf eine passende, neue Stelle.

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