Was ist, wenn Sie selbständig waren und jetzt arbeitslos sind?

Selbständig gewesen und jetzt ohne Einkommen? Hier erfahren Sie, ob Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, wie das RAV mit Selbständigkeit umgeht und welche Wege Ihnen offenstehen.

Viele Selbständige stehen irgendwann vor dieser schwierigen Frage: Das Geschäft läuft nicht mehr, Aufträge bleiben aus – und plötzlich stellt sich die Frage: Habe ich Anspruch auf Unterstützung vom RAV?

Anders als bei Angestellten ist der Zugang zur Arbeitslosenversicherung für Selbständige nicht selbstverständlich. In diesem Beitrag klären wir, ob und wann Sie Taggelder erhalten können, welche Alternativen es gibt und wie Sie Ihre Situation sinnvoll klären.

Grundregel: Keine Arbeitslosenversicherung für Selbständigkeit

Wenn Sie nur selbständig tätig waren und dabei keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung (ALV) einbezahlt haben, haben Sie grundsätzlich keinen Anspruch auf Taggelder.

Die Schweizer ALV ist für unselbständig Erwerbstätige konzipiert – also für Personen mit Arbeitsverträgen und Lohnabzügen. Selbständige müssen sich selbst versichern, was in der Praxis kaum möglich ist, da es keine offizielle ALV für Selbständige gibt.

Was gilt als selbständige Erwerbstätigkeit?

Als selbständig gelten Sie, wenn Sie:

  • auf eigene Rechnung arbeiten
  • das unternehmerische Risiko tragen
  • keinen fixen Lohn beziehen
  • keine Beiträge an die ALV leisten
  • im Handelsregister oder bei der AHV als selbständig gemeldet sind

Typische Beispiele: Einzelunternehmen, Freelancer:innen, Coaches, kleine Gewerbebetriebe, kreative Dienstleistungen, Beratungen ohne Lohnverhältnis.

Ausnahme: Selbständigkeit nach versicherter Anstellung

Wenn Sie vor Ihrer Selbständigkeit als Angestellte:r gearbeitet haben und dort mindestens 12 Monate ALV-Beiträge einbezahlt haben, könnten Sie nach Ende Ihrer Selbständigkeit wieder Anspruch auf Taggelder habenunter folgenden Bedingungen:

  • Ihre Selbständigkeit war nicht länger als 6 Monate
  • Sie melden sich unverzüglich nach Aufgabe der Tätigkeit beim RAV
  • Sie sind wieder vollständig verfügbar für den Arbeitsmarkt
  • Sie können nachweisen, dass die Selbständigkeit beendet ist (z. B. Gewerbe abgemeldet, keine Aufträge mehr)

Das bedeutet: Sie müssen zurück in die unselbständige Erwerbstätigkeit wollen – das RAV unterstützt keine Selbständigkeit, die weitergeführt werden soll.

Ich war lange selbständig – gibt es Alternativen?

Wenn Sie über längere Zeit selbständig waren und nun keine Aufträge mehr haben, stehen Ihnen folgende Wege offen:

1. Anmeldung beim RAV – auch ohne Taggeldanspruch

Sie können sich trotz fehlendem Anspruch beim RAV anmelden. Das bringt Ihnen:

  • Beratungsgespräche
  • Hilfe bei der beruflichen Neuorientierung
  • Zugang zu befristeten Einsätzen oder Praktika
  • ggf. Zugang zu Kursen und Coachings

Sie erhalten keine finanzielle Unterstützung, aber wertvolle Kontakte und Impulse für den Neustart.

2. Überbrückung durch Sozialhilfe

Wenn Sie kein Einkommen mehr haben und auch keine Taggelder erhalten, bleibt der Weg zur Sozialhilfe. Diese prüft:

  • Ihre finanzielle Situation
  • Ihre Bemühungen um Arbeit
  • ob Sie sich beim RAV registriert haben
  • ob Sie Ihr Unternehmen effektiv aufgegeben haben

Die Auszahlung erfolgt durch Ihre Gemeinde – je nach Region unterschiedlich. Die Sozialhilfe ist subsidiär, d. h. sie greift, wenn sonst keine Leistung möglich ist.

3. Neuorientierung in Richtung Anstellung

Viele ehemalige Selbständige entscheiden sich nach einer Durststrecke für eine Rückkehr in die Anstellung. Das RAV kann Sie dabei unterstützen – z. B. durch:

  • Bewerbungscoaching
  • Standortbestimmung
  • Matching mit Arbeitgebern, die Ihre Erfahrung schätzen
  • Umschulung oder Weiterbildung

Der Weg zurück kann herausfordernd sein – aber er ist möglich und oft entlastend.

Was, wenn ich selbständig bleiben möchte?

Wenn Sie Ihre Selbständigkeit nicht aufgeben, sondern einfach eine schwächere Phase haben, können Sie sich nicht arbeitslos melden. Sie gelten nicht als verfügbar für den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Was Sie trotzdem tun können:

  • Einkommen steigern (z. B. durch neue Zielgruppen, andere Angebote)
  • Nebenerwerb im Angestelltenverhältnis aufnehmen
  • mit dem Sozialdienst Ihrer Gemeinde sprechen, ob Übergangslösungen möglich sind
  • sich mit anderen Selbständigen austauschen (z. B. in Netzwerken oder Förderprogrammen)

Eine vorübergehende Flaute ist kein Grund für Arbeitslosengeld – wohl aber Anlass für Beratung oder Re-Positionierung.

Tipps zur Vorbereitung eines möglichen Anspruchs

Wenn Sie heute selbständig sind, aber für die Zukunft absichern möchten:

  • Überlegen Sie, ob Sie nebenher im Angestelltenverhältnis arbeiten
  • Zahlen Sie in eine private Versicherung ein (z. B. Erwerbsunfähigkeits- oder Einkommensversicherung)
  • Dokumentieren Sie alle Beiträge, Einkünfte und Tätigkeiten – das hilft bei späteren Anträgen
  • Halten Sie sich über RAV-Regeln auf dem Laufenden

Frühzeitige Planung erhöht Ihre Handlungsfähigkeit – besonders bei plötzlichem Auftragsrückgang.

Fazit

Selbständige in der Schweiz haben keinen automatischen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung – außer, sie haben zuvor ausreichend Beiträge als Angestellte geleistet und die Selbständigkeit rechtzeitig wieder aufgegeben.

Trotzdem bietet das RAV viele Möglichkeiten zur Unterstützung – vor allem bei der beruflichen Neuorientierung. Wer transparent kommuniziert, Alternativen prüft und aktiv bleibt, kann auch nach dem Ende der Selbständigkeit neue Perspektiven entwickeln – mit oder ohne Taggelder.

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